How I live in Niigata

Just another foreign guy in Japan, but the first one who worked for the O Bolles Restaurant

Winter: Round 2 Januar 10, 2011

Filed under: la réalité dure,sacrée vie japonaise — chrigusan @ 11:19 am

Nach kurzem aber sehr schönem Heimaturlaub über die Festtage, bin ich wieder im Japanischen Winter angekommen. Voller Wärme und guter Erinnerungen an Familie und Freunde bin ich gewappnet für den eisige Kälte.

Den Schlafsackanzug sehe ich als Eingeständnis für sehr kalte Wohnungen. Rund 95 Franken investieren und nur eine kleine Demütigung auf sich nehmen, schon lebt man endlich wieder. Für ein Iglu-Wochenende oder für die Fasnacht ganz ok, aber jeden Tag!? Ich trotze lieber dem Winter und murre etwas rum. Das fiese an der frierenden Situation ist, dass man als Schweizer null Verständnis bekommt, sich wegen der Eiskälte zu beschweren. Also sehr oft krieg ich zu hören, ich sei doch aber aus der Schweiz…  Re: Ja, aber wir haben warme Häuser dank Isolation! Re:Re: Wir brauchen keine Isolation; es ist so heiss im Sommer. ReReRe: …?!

Ein weiteres heiteres Japanbild ist mir in die Hände gefallen:

Ab und zu sieht man diese fake EU-Nummernschilder hinter Japanischen. Bei einem Peugeot oder einem VW macht es auch nicht viel Sinn – es ist zum Lachen, doch mindestens ist es nicht ganz so ironisch wie das Vorgetäuschte dieses Hondabesitzers. Nach all der Mühe, sich das Japanische Auto in Deutschland gekauft und zurück nach Japan geschifft zu haben, konnte er sich nicht mehr die Mühe nehmen, die Plakete, welche in Europa ja bestimmt an den Wagen gelassen werden, abzunehmen. Keinen weiteren Kommentar.

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Mein direkter Chef und ich gingen noch im alten Jahr an die Japanische Konferenz von Structural Impact Engineering. Die war international, da jeder kommen durfte, der sich anmeldete. Effektiv war sie aber national, da man auf japanisch referierte, ausser ich und 3 weitere. Zwei Tage und etwa fünfzig Referate erlebte respektive überlebte ich. Obwohl das Ingenieurwesen auf Skizzen, Schemen und Graphen basiert, habe ich nicht alles verstanden. Japanisch bleibt eine schwierige Sprache. Ich genoss die Erfahrung und konzentrierte mich auf die non-verbale Kommunikation der Referenden. Die  meistens Berufskollegen waren sehr gut in ihrem Auftreten. Da war ich positiv überrascht. Einzig ein wahrhaft verrückter Professor verschwand plötzlich hinter dem Rednerpult, weil er während seiner Präsentation so tief in seinen Laptop kroch. Den mahnenden Zeigefinger, man solle das spannende Bild seiner Computersimulation beachten, war das einzige, was man zeitweise vom erwürdigen Professor noch sah. Lachen und Schmunzeln war in dieser Situation natürlich tabu. Zum Glück habe ich inzwischen Übung in der Kontrolle meiner Gesichtsmuskeln.

Gleichaltrige Doktoranden wurden von Ihren Professoren auch zur Präsentation geschickt. Die meisten ware sichtlich noch nicht bereit für eine Präsentation, da ihre Arbeiten noch unvollständig waren. Jeder von ihnen musste schliesslich eine Fragerunde überstehen, wo sie wahrhaftig nich geschont wurden. Irgendwie kam es mir vor, als stellten die Professoren zum trotz fragen. Vielleicht auch nur um zu zeigen wer noch der Meister ist. Die meisten Doktoranden hielten ihren Kopf hin und antworteten, dass sie die Lösung noch nicht wissen. Vermutungen und noch unbewiesene Thesen zu formulieren trauten sie sich nicht. In dieser Situation, glaube ich, schadet der kulturelle Unterschied dem japanischen Fortschritt. Egal, ich durfte es ja selber nach meinem Gusto haben mit meiner eigenen Präsentation.

10 Minuten durfte ich unseren kleinen aber effizienten Steinschlag Schutzzaun präsentieren. In einem 1:1 Experiment haben wir unseren Zaun mit 100kJ Einschlägen (1oookg aus 10m höhe) auf Herz und Nieren geprüft. Die Resultate habe ich zu einem Wissenschaftlichen Bericht zusammengefasst, welchen ich dann präsentieren durfte. Glücklicherweise, ergeben sich bei solch einem Experiment eindrückliche Videos, die, als ich sie zeigte, klar die Aufmerksamkeit der Zuhörer gewannen. Sogar Super-slomotion konnten ich bieten! (Wer damals an meiner Maturapräsentation anwesend war, kennt mein Flair für Zeitlupen.) Mit den Videos und einem kurzen aber in sich geschlossenem Inhalt, war meine Präsentation ziemlich passabel. Anschliessend stellte auch ich mich den Fragenden. Nach 5 Jahren Studium und etwa 50 mündlichen Prüfungen und Präsentationen, hat sich doch etwas Routine entwickelt, so dass auch die Fragerunde einigermassen gut verlief.

Bei Geschäftsreisen, wie üblich in Japan, ist der Soziale Teil auch sehr wichtig. Da lernt man sich besonders gut kennen und das gegenseitige Vertrauen wird gestärkt. Kurz gesagt man geht zusammen trinken auf Kosten des Chefs oder der Firma. Die Konferenz war auf Kyushu Island in Fukuoka. Wir waren also in einer grossen Stadt auf der südlichsten Insel der vier Hauptinseln. Euphorisch das Kalte Niigata verlassen zu haben und die Arbeit hinter uns zu haben, suchten wir eine gute Bar. Wir landeten in schliesslich in einer echten Weinbar, die eine echte Auswahl an Wein bot. Da wir von fern und sehr fern kamen, ergaben sich gute gespräche mit Einheimischen.

Nächsten Tags, Sightseeing in Fukuoka. Gespannt auf die Stadt, fuhren wir aufs Land Fukuokas berühmten Tempel besichtigen. Nur weil viele Japaner gerne diesen Tempel anschauen gehen, heisst nicht, dass es das Bemerkenswerteste in Fukuoka ist. Mein Chef war Guide und ich folgte ihm. Ich räche mich dann vielleicht einmal in der Schweiz und schleppe ihn auf den Gurten bei Nebel. Es folgen meine Impressionen Fukuokas, der fünftgrössten Stadt Japans:

Hat was von Trainspotting

Wahrhaftig sie existiert! Endlich habe ich sie gefunden…

 

12 Responses to “Winter: Round 2”

  1. Simon Says:

    Coole Geschichten!

  2. daniel Says:

    ゆふいんの温泉で日本人と喋りました:
    kyushu highlight nr. 1: das essen
    kyushu highlight nr. 2: die onsen
    kyushu highlight nr. 3: mmhhh (schön etwas am überlegen) natur, yakushima
    (weiter am überlegen) …ja, das wärs dann auch schon.

    😉

    • chrigusan Says:

      Also ist Fukuoka gar nicht so der Hit? Oder habt ihr diese Stadt ausgelassen.
      Es kommt mir immer noch vor, als wäre ich zum Europapark gefahren um nur den Parkplatz an zu schauen.

      • daniel Says:

        die travellermeinung ist glaub die, dass fukuoka schon toll ist. prrrty und so. studistadt halt. wir haben sie ausgelassen, doch nagasaki finden wir toll. international und irgendwie anders als die restlichen sich gleichenden städte von asahikawa über morioka bis niigata. hat was von bern. das grosse leben spielt sich anderswo ab, aber dafür sind die leute alle relaxed und nett.

        die situation im onsen kam mir heute einfach spontan in erinnerung, als ich deine ‚trainspotting‘ bilder gesehen habe. aber to be fair, in langenthal oder niederbipp könnte man sicher auch ähnliche bilder machen.

        kanpai

      • chrigusan Says:

        Na dann behalt ich mir mal Nagasaki im Hinterkopf für das nächste mal auf Kyushu Island. Danke für den Tipp.
        Mit Fukuoka habe ich abgeschlossen, basta.

  3. andrea Says:

    he – und hübscher mantel man! 😉

  4. andrea Says:

    und oh ja – das zug-shopping-heftli ist grosse klasse – gell!

    • chrigusan Says:

      Merci, der Mantel gefällt mir auch. Das Heftchen ist schon witzig, nicht? Da werden all die Lückenbüsser des Japanischen Wohnens gezeigt ;-P

  5. Römer Says:

    yes, maturapräsentation! hast du dieses mal beim recorden einfach um ein vielfaches schneller gesprochen, damit man dich bei der slowmotion dann trotzdem verstehen konnte ;)? wenn ich hier aus dem fenster schaue, komm ich mir bei diesem wetter auch etwas vor wie in trainspotting. jetzt fehlen nur noch die blutverdünnenden spritzen vom wg sofa in lausanne!

    cheers
    römer

    • chrigusan Says:

      Herrlich. Mensch, ich vermiss unsere WG. Die Szene mit der Spritze bringt mich jetzt noch zum lachen. Der durch und durch Rotwein Hasenbraten war aber auch nicht schlecht.

  6. Spökenkieker Says:

    Gibt’s diesen ominösen Schlafsackanzug auch online zu bestellen? Ich hause zwar in Nordwest-Deutschland, doch meine Bude ist schlecht wärmeisoliert, und der nächste Winter wird wohl ziemlich hart werden. :-((((

    • chrigusan Says:

      Mit dem Schlafsack wirds wohl nichts. Japanisches Internet ist ziemlich schwierig zu durchforsten ohne Japanischkenntnisse. Mein Tipp zu der schlecht isolierten Hütte: Doppelglass Fenster mit Klarsichtfolie und Klebeband kreieren. Sieht scheisse aus und macht die Bude zu ner Bruchbude, doch wirkt Wunder.


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